Der Tod von Witold Aschurak: Was die Gefängnismauern verbergen

Die ehemaligen politischen Gefangenen Wiktar und Sjarhej, die ebenfalls ihre Strafe in der Kolonie in Schklou verbüßten, teilen Informationen, die sie über den Tod von Witold Aschurak in der Kolonie herausfinden konnten.

Wir erinnern, dass Witold Aschurak ein Aktivist aus Beresiwka, Mitglied der belarusischen Partei BNF und Koordinator der Bewegung „Für die Freiheit“ war. Er wurde im September 2020 festgenommen und später wegen seiner Teilnahme an den Protesten zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Er verbüßte seine Strafe in der Kolonie in Schklou. Am 21. Mai 2021 starb Aschurak hinter Gittern unter ungeklärten Umständen. Es wurde kein Strafverfahren wegen des Todesfalls eingeleitet. Laut der offiziellen Version der Ereignisse starb er an einem „Herzstillstand“. Die Familie und Freunde des politischen Gefangenen sind jedoch überzeugt, dass er durch Gewalt verstorben ist. Auch die ehemaligen politischen Gefangenen Sjarhej (Name auf Wunsch der Person geändert) und Wiktar Parchimtschyk sprechen darüber.

Sjarhej erzählt, dass er als Angeklagter in einem politischen Strafverfahren in der Kolonie gelandet ist. Er ist nicht der Meinung, dass der Tod von Witold Aschurak ein gezielter Mord war.

Das Ziel war nicht, ihn zu töten, sondern ihn moralisch zu brechen.

„Sie rechneten nicht damit, dass sein Körper nicht mithalten würde und er einfach sterben würde. Das Ziel war es, ihn moralisch zu brechen“, davon ist Sjarhej überzeugt.

Witold wurde für seinen Charakter und seine Aussagen geschlagen. Man hat ihn sowohl geistig als auch körperlich unter Druck gesetzt. Schließlich stellte er eine Gefahr für die Administration dar, gerade weil er offen seine Meinung sagte und damit „die Autorität der Gefängnisverwaltung untergrub“.

„Ich hatte den Eindruck, dass Witold Führungsqualitäten hatte“, fügt Parchimtschyk hinzu. „Er hat seinen Charakter gezeigt. Deshalb setzten sie ihn unter Druck, um ihn, wie sie selbst sagten, ‚in die Schranken zu weisen‘, um ihn zum Gehorsam zu bewegen. Er war ein anständiger Mann, ein Mann mit Prinzipien. Es war schwieriger, so jemanden zu unterwerfen“.

Aus der Zelle, in der Witold saß, waren Schreie zu hören.

„Es ist unmöglich, dort sich selbst zu verletzen, so wie es die Gefängnisverwaltung nach Witolds Tod behauptete. Wie im Video, wo er in der Zelle herumläuft und dann hinfällt und sich den Kopf stößt. Erstens sitzt man in der Strafzelle die ganze Zeit unter Überwachungskameras. Zweitens, alle 5-10 Minuten schaut ein Wachmann hinein. Häftlinge, auf die ich traf, sagten, dass Witold geschlagen wurde. Schließlich war er wahrscheinlich der Einzige in der Kolonie, der seine Gedanken und seine Haltung gegenüber der Verwaltung offen äußern konnte. Er nannte sie ganz offen ‚Verräter und Feinde‘“, sagt Sjarhej.

Das erzählt auch Parchimtschyk: „Leute, die neben der Strafzelle inhaftiert waren, wo sich Witold befand, erzählten mir, dass sie Schreie und die Stimme von Sjarhej Kartschewski, dem Leiter der Regimeeinheit, aus Witolds Zelle hörten. Ich kann nicht sagen, dass ihr Ziel genau darin bestand, Witold zu töten. Ich weiß es einfach nicht. Vielleicht wurde er schwer verprügelt und ist an seinen Verletzungen gestorben“.

Kein Wunder, dass Witold abgemagert aussah.

In Gesprächen mit Journalisten wiesen Witold Verwandte und Freunde darauf hin, dass ein Video aus der Kolonie, in dem der politische Gefangene in einer Strafzelle zusammenbricht, zeigt, wie dünn und abgemagert er war.

„Das ist nicht überraschend. Ein Gefangener, den ich kenne, hat innerhalb von zwei Wochen 20 Kilo abgenommen. Die ‚aktiven‘ Gefangenen werden von der Verwaltung zur härtesten Arbeit verdonnert, den Nachtschichten. Wenn man nachts Baumstämme schleppen muss, kann man nicht gut schlafen. Wenn man ‚politisch‘ ist, bekommt man als ‚hartnäckiger Rechtsbrecher‘ keine Sendungen von außerhalb. Das Essen im Gefängnis ist schlecht. Man schläft nicht viel, man isst nicht viel, man arbeitet viel und hart – also wird man ausgelaugt. Wenn man nachts Baumstämme schleppt, wird man natürlich spindeldürr“, sagt Sjarhej.

Menschen werden ohne Grund verprügelt, vor allem politische.

Der Zweck des Drucks, so Wiktar, ist es, eine große Anzahl von Gefangenen unter kompletter Kontrolle zu halten. „Das zweite Ziel“, sagt er, „ist die sogenannte ‚generelle Parteilinie‘“. So ist es einfacher, eine große Anzahl von einfachen Staatsbürgern in einem Furchtzustand zu halten, damit sie Angst haben, etwas zu tun und dafür ins Gefängnis zu kommen.

„Ich fragte einen Mitarbeiter der Kolonie: Warum macht ihr das? Er antwortete, dass mich foltern werden, damit ich nicht mehr hierher zurückkommen will“, fügte Wiktar hinzu.

Witold wurde auf dem Bjarosauski-Friedhof unter einer weiß-rot-weißen Flagge und zum Klang der Hymne „Mahutny Boscha“ („Allmächtiger Gott“) beigesetzt. Wie Witolds Kollegin und Freundin Wolha Bykowskaja es ausdrückt: „Witold war einer der prinzipientreuesten, ehrlichsten und aufrichtigsten Menschen, die ich kenne“. Und Witold selbst sagte:

Was mich betrifft, so betrachte ich die fünfjährige Haftstrafe als die Note „sehr gut“ dafür, dass ich die Ehre hatte, die Fackel der Rebellion gegen die Diktatur unter den allerbesten Leuten in [der Stadt] Lida hochzuhalten! Für mich ist es wirklich eine Ehre!

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