„Hätten wir damals gewonnen, wären die Vororte von Kyjiw nicht zerstört worden“

Am 9. Juni, dem zweiten Tag ihres Besuchs in Lettland, sprach Swetlana Tichanowskaja in der Plenarsitzung im lettischen Saeima. Die Abgeordneten spendeten ihr stehende Ovationen. „Radio Liberty“ zitiert die wichtigsten Punkte ihrer Rede.

Swetlana Tichanowskaja forderte Lettland auf, Belarus*innen, die unter Repressionen leiden, zu helfen. Sie dankte der lettischen Bevölkerung für die Unterstützung der belarusischen Gemeinschaft seit Beginn der Proteste in Belarus und betonte, dass die politische Unterdrückung anhält: „Der stalinistische Terror ist in das Land zurückgekehrt. Die Behörden, die den sowjetischen Ideen und dem Kreml treu ergeben sind, schließen Verlage, die Bücher in belarusischer Sprache veröffentlichen. Sie verhaften Geschäftsleute wie Pawel Belawus, die in den Geschäften arbeiten, in denen man belarusische Nationalsymbole kaufen kann. Menschen, die sich für eine europäische demokratische Zukunft einsetzen, werden zu stalinistischen Gefängnisstrafen verurteilt“.

Laut Tichanowskaja führte die zu langsame Reaktion der EU auf Lukaschenkos Verbrechen zu weiterer Verfolgung und Unterdrückung in Belarus sowie zu tragischen Folgen in der Ukraine: „Als die Repressionen begannen, schrien wir um Hilfe, wurden aber kaum gehört. Und erst 10 Monate nach der Flugzeug-Entführung verhängte die Europäische Union echte Sanktionen. Es war zu spät. Dadurch konnte sich das Regime neu organisieren und eine Gegenoffensive starten. Hätten wir Lukaschenko damals gestoppt, wäre Belarus nicht zum Sprungbrett für Putins Angriff auf die Ukraine geworden. Wenn wir damals gewonnen hätten, wären die Vororte von Kyjiw nicht zerstört worden, die russischen Truppen hätten das Kernkraftwerk Tschernobyl nicht geplündert und Tausende von Zivilisten aus Butscha, Borodjanka und Hostomel wären noch am Leben.“

Swetlana Tichanowskaja beschuldigte Lukaschenko erneut, Putins Befehle auszuführen und sich dabei als Opfer zu präsentieren, um die Sanktionen aufzuheben. Sie erwähnte auch die Aktivitäten von Telegramkanälen und Menschen, die zur Verlangsamung des Eisenbahnverkehrs beitragen, um den ungehinderten Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine zu verhindern.

Swetlana Tichanowskaja forderte Lettland auf, die Möglichkeit zu finden, Visa für Belarus*innen auszustellen und Aufenthaltsgenehmigungen zu verlängern, sowie die Zahl der Studentenstipendien zu erhöhen und ein Programm für belarusische Forscher, Kulturschaffende und Journalisten zu entwickeln. Außerdem rief sie dazu auf, belarusische Firmen bei der Verlagerung von Betrieben zu unterstützen und ihnen Zugang zu Finanzierungen und staatlichen Förderprogrammen zu verschaffen

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