Geschichten von belarusischen Freiwilligen in der Ukraine

Hunderte von Belarus*innen, die in die Ukraine gezogen waren, um der politischen Unterdrückung in Belarus zu entkommen, beschlossen, nach Kriegsbeginn in der Ukraine zu bleiben und den Menschen zu helfen: einige als Freiwillige, andere beim Militär und an der Front. MOST hat mit mehreren der Freiwilligen gesprochen.

Wolha (Name geändert) zog mit ihrem Mann, ihrer kleinen Tochter und ihrer 68-jährigen Mutter im Jahr 2020 aus Minsk nach Kyjiw. Als der Krieg begann, hatte die Familie die Möglichkeit, auszureisen, aber sie entschied sich aus Prinzip dagegen und blieb, um den Menschen zu helfen, die sie in ihrem Land willkommen geheißen hatten. Zunächst halfen Wolha und ihre Mutter beim Bau von Barrikaden, indem sie Sandsäcke zusammenbanden. Jetzt helfen sie in der Küche für die freiwillige Bürgerwehr. Sie glaubt, dass alles gut gehen wird: „Ich möchte wirklich, dass die Ukraine es schafft.“

Seit dem 24. Februar haben Aktivisten der antifaschistischen Bewegung eine Initiative mit dem Namen „Operation Solidarity“ organisiert, um humanitäre Hilfe und Geldmittel für die Kämpfer und Flüchtlinge zu sammeln. Sie haben jetzt ein Lager in Kyjiw, das von Ihar, einem 38-jährigen IT-Spezialisten aus Belarus, geleitet wird. Er kam im November 2020 in Kyjiw an. Als der Krieg begann, wollte er die Ukraine nicht verlassen und beschloss, auf jede erdenkliche Weise zu helfen. Er sagte, ihm sei klar gewesen, dass die Ukraine zurückschlagen werde und Chancen habe, zu gewinnen. Noch bevor der Krieg ausbrach, diskutierte er mit Freunden darüber, wer was in so einem Fall tun würde. „Wir begannen, einen Plan zu erstellen, so dass wir, als der Krieg begann, bereits wussten, wer wofür zuständig sein wird, und wir hatten Verbindungen zu europäischen antifaschistischen Strukturen aufgebaut“, erzählt Ihar.

Axana zog im April 2021 aus Belarus nach Kyjiw. Sie lebte seit einigen Monaten mit ihrem ukrainischen Ehemann in Charkiw, bevor der Krieg begann. Sie war in Vilnius, als der Krieg ausbrach, aber im März kehrte Axana in die Ukraine zurück, weil sie „nicht einfach nur zuschauen konnte“. Sie ging nach Lwiw, um den Flüchtlingen zu helfen. „Als ich diese Menschen mit meinen eigenen Augen sah, taten sie mir unendlich leid… sie, die Kinder, die Tiere. Ich habe fast jeden Tag etwa 4 bis 5 Stunden ehrenamtlich gearbeitet“, sagt Axana. Anfang April kehrte sie nach Charkiw zurück, wo sie jetzt in einem Luftschutzkeller lebt. Dort hilft sie beim Kochen, Putzen und Haareschneiden.

Seit den Protesten von 2020 ist die Ukraine für viele Opfer von Lukaschenkos Regime zum Fluchtland geworden. Es ist unmöglich, die genaue Zahl der Belarus*innen zu ermitteln, die in die Ukraine gezogen sind, da sie sich ohne Aufenthaltstitel 180 Tage in der Ukraine aufhalten können. Nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzdienstes haben allein von August 2020 bis August 2021 100.000 belarusische Staatsbürger die Grenze zur Ukraine überquert.

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