Pässe, politische Gefangene und Interpol: Womit beschäftigen sich die Volksbotschaften?

Die Volksbotschaften sind alternative Vertretungen von Belarus und Belarus*innen im Ausland. Die Einrichtung der Volksbotschaften wurde im Dezember 2020 von der Gemeinschaft der belarusischen Diaspora initiiert. Seit dem Zeitpunkt ist die Zahl der Repräsentanzen der Belarus*innen im Ausland gewachsen — sie arbeiten bereits in mehr als 20 Ländern. Im Zusammenhang mit der Weigerung der offiziellen Botschaften von Belarus, ihre Pflichten zu erfüllen, ersetzen die Volksbotschaften teilweise die Aktivitäten der offiziellen Diplomaten und vertreten die Interessen der Belarus*innen im Ausland. Darüber hinaus helfen sie politischen Gefangenen und ihren Familien. Malanka Media führte ein Gespräch über die Arbeit der Volksbotschaften mit ihren Vertreterinnen — Aljaxandra Mamajewa aus Slowenien und Irina McLean aus Schottland.

Sport- und Kulturveranstaltungen, die Interaktion mit Politik und Medien sind nur ein Teil der Arbeit der Volksbotschaften zur Förderung der belarusischen Agenda. Außerdem sind Freiwillige alternativer Vertretungen gezwungen, nach Wegen zu suchen, um die Schwierigkeiten zu überwinden, die das Regime für Belarus*innen im Ausland schafft, sagt Aljaxandra Mamajewa, Koordinatorin der Volksbotschaften, Vertreterin der belarusischen Volksbotschaft in Slowenien. Daher ersetzen die Volksbotschaften in gewissem Maße die Aktivitäten der offiziellen Botschaften.

Die Volksbotschaft Sloweniens vertrat Belarus im vergangenen Jahr bei drei Gelegenheiten offiziell. Die gleiche Praxis gibt es auch in anderen Ländern, zum Beispiel finden monatlich Treffen der Volksbotschaften mit den Außenministerien Großbritanniens und Frankreichs statt. Aljaxandra betont, dass alternative Botschaften die offiziellen diplomatischen Vertretungen nicht vollständig ersetzen können. Sie sind nicht befähigt, konsularische Funktionen auszuüben. Zudem fehlt ihnen die offizielle Anerkennung und Unterstützung. Die Volksbotschaften arbeiten mit dem Gemeinsamen Übergangskabinett zusammen, ihre Befugnisse sind aber durch internationale Normen und Vereinbarungen beschränkt.
Obwohl die Volksbotschaften nicht befugt sind, konsularische Funktionen wahrzunehmen, unterstützen sie die Belarus*innen im Ausland auf jede erdenkliche Weise, während offizielle diplomatische Vertretungen inaktiv bleiben.

Pashpart.org

In diesem Jahr haben die Volksbotschaften mehrere große Projekte umgesetzt, darunter den Start des Projekts pashpart.org — eines Dienstes mit Informationen zur Erlangung eines Fremdenpasses für Belarus*innen im Ausland. Im September verloren Belarus*innen im Ausland das Recht, einen belarusischen Pass bei offiziellen diplomatischen Vertretungen zu verlängern und zu erhalten, jetzt ist dies nur noch auf dem Territorium von Belarus möglich.

„Genau innerhalb einer Woche nach Inkrafttreten des Dekrets haben wir unsere Webseite gestartet. Denn ein Fremdenpass ist für Belarus*innen eine gute Alternative. Hier sammeln wir alle Informationen und beraten Belarus*innen bei der Beschaffung von Unterlagen im Ausland. Betreffs dieser Frage arbeiten wir gemeinsam mit dem Projekt “Alles wird legal sein„, das von der Platform New Belarus gestartet wurde“, erklärt Aljaxandra.

Unterstützung bei der Evakuierung von Belarus*innen und Verhinderung der Abschiebung nach Belarus

Die zweite große Kampagne ist die Unterstützung bei der Evakuierung von Belarus*innen aus Israel. Während die offizielle diplomatische Vertretung von Belarus untätig war, sammelten die Volksbotschaften Informationen über Evakuierungsflüge und erleichterten die Abreise der belarusischen Bürger*innen, die beim Verlassen des Landes Hilfe brauchten.

Die Bekämpfung des Einsatzes des Informationssystems von Interpol zur Verfolgung von Belarus*innen im Ausland ist eine weitere Kampagne, die von den Volksbotschaften durchgeführt wird. Die Idee für eine solche Kampagne entstand nach der Inhaftierung eines Belarusen in Slowenien, dem Aljaxandra Mamajewa half, die Abschiebung nach Belarus zu vermeiden. Nach diesem Vorfall entwickelten die Volksbotschaften Empfehlungen, um Verhaftungen und Abschiebungen von Belarus*innen zu vermeiden. Abgesehen davon gaben sie verschiedenen Strafverfolgungs- und Regierungsbehörden, einschließlich der nationalen Stellen von Interpol, Empfehlungen zur Interaktion mit belarusischen Bürger*innen. Infolgedessen gab es im vergangenen Jahr keine Fälle der Abschiebungen, und diejenigen, die über Interpol inhaftiert waren, wurden schließlich freigelassen.

Gemeinsam mit italienischen Politiker*innen und dem Anolf-Verband ermöglichte die Volksbotschaft in Italien die Freilassung eines inhaftierten Belarusen nach zweimonatiger Haft.

Eine weitere große Kampagne zielt darauf ab, die Aktivitäten des Minsker St. Elisabeth-Klosters in Europa einzustellen. Das Kloster nimmt an europäischen Messen teil und sammelt Spenden, um russischen Truppen in der Ukraine zu helfen.

Foto: Persönliches Archiv von Irina McLean

Volksbotschaft in Schottland: Was macht die alternative Vertretung in diesem Land?

In diesem Jahr konzentrierte sich die Arbeit der schottischen Volksbotschaft hauptsächlich darauf, politischen Gefangenen durch Medien zu helfen, sagt Irina McLean, eine Vertreterin der schottischen Volksbotschaft.

Ein schottischer Verlag veröffentlichte das Buch „The Zekameron“ von Maxim Znak, während ins Englische übersetzte Werke und Gedichte politischer Gefangener in Form von Plakaten in einer Ausstellung in einer der Galerien zu sehen sind. Die Anwohner interessieren sich auch für das Problem der belarusischen politischen Gefangenen: Universitätsstudierenden, die am Scholars at Risk-Programm teilnehmen, führten eine Kampagne zur Unterstützung von Marfa Rabkowa, einer Menschenrechtsaktivistin und politischer Gefangenen, durch und erstellten eine Petition.

Die Volksbotschaft in Schottland legte einen Grundstein zu allen Aktivitäten, die mit Fußball und Sascha Iwulin zu tun haben: Das erste Turnier zur Unterstützung des Journalisten, der sich in politischer Gefangenschaft befand, fand im Herbst 2021 zwischen Parlamentariern des schottischen Parlaments und der belarusischen Diaspora statt.

„Wir haben Sascha Iwulin die ganze Zeit unterstützt, als er im Gefängnis war, und als er freigelassen wurde, traf ich ihn in Warschau. Und jetzt planen wir seinen Besuch in Großbritannien. So machen wir auch durch den Sport auf belarusische politische Gefangene aufmerksam“, sagt Irina.

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